Haus über dem Meer

Seit Jahrzehnten führt Angélique Pérjérac ihren Bademodeladen. Die zierliche Blondine ist in ihren frühen Siebzigern, liebt das Leben in Cassis, das sie sich nur leisten kann, weil ihr Mann in Immobilien macht. Und wer in Cassis in Immobilien macht, daran besteht überhaupt kein Zweifel, der hat es geschafft, der spielt in der obersten Liga.

Es ist längst Ladenschluss, und doch plaudern wir noch immer zwischen reduzierten Ein- und Zweiteilern, exklusiven Strandkleidern, hauchzarten Tuniken und handgefertigten Espandrillos. Und während Worte wie liebenswürdig, charmant, großzügig und elegant fallen, wird Madame Dubois immer lebendiger, greifbarer. Meine Anspannung wächst.

Als ich mich nach der Adresse erkundige, schaut Madame Pérjérac überrascht, als sei das eine ausgesprochen dumme Frage.

„Es ist das Haus rechts auf dem Felsen.“

Madame Pérjéracs Mann Hugo höchstpersönlich hat das Anwesen vermittelt, vor etwas mehr als zehn Jahren. Seitdem sind Pérjéracs, nun ja, nicht mit Madame Dubois befreundet, aber immerhin so gut miteinander bekannt, um einander an Weihnachten oder zum Geburtstag eine Karte zu schreiben.

Wissend, dass ich sehr dünnes Eis betrete, seufze ich, Madame Dubois auf keinen Fall unangemeldet aufsuchen zu wollen. Eine telefonische Voranmeldung wäre sicherlich die höflichere Variante.

Madame Pérjérac lacht auf und versichert, das Haus von Madame stünde allen und jedem jederzeit offen. Schon allein wegen ihrer vier kleinen Kinder…